Die Aufgabe wurde bereits im April 2009 von Lauren1707 eingestellt. Mein Lösungstipp aus 2009 ist vertretbar, bewertet aber nicht in der Breite den Sachverhalt, wie es dieser Lösungsvorschlag tun soll:
a) Zunächst geht es Speer darum, zu erfahren, ob er anlässlich seines Mietverhältnisses einen Anspruch gegen den Vermieter hat.
Anspruch aus §§ 280 I S1, 536a I, 535, 278, 276 BGB
Ein solcher Anspruch besteht, wenn der Vermieter seine Hauptleistungspflicht aus dem unstreitig geschlossenen Mietvertrag verletzt hat. Die Hauptleistungspflicht des Vermieters besteht darin, dem Speer während der vereinbarten Mietzeit den Gebrauch der Wohnung zu gewähren, § 535 I BGB. Im folgenden muss also geklärt sein, was die Mietsache ist, deren Gebrauch im Raum steht, und ob ein Mangel an der Mietsache besteht, der für den Schaden ursächlich geworden ist.
Mietobjekt ist all das, was vereinbarungsgemäß die Wohnung ist und für den Mieter zu Wohnung gehören soll (z. B. Nebenräume im Keller und auf dem Dachboden).
Im wörtlichen Sinn des Aufgabentextes heißt es, es habe nach einer stürmischen, regnerischen Nacht....durchgeregnet, so dass davon auszugehen ist, dass in der Wirkung auch die Bausubstanz der Wohnung Not leiden musste. Der Kausalverlauf bis zum Schaden am Schreibtisch ist jedoch weitergehend. Der Verlauf nahm seinen Anfang darin, dass zwei Ziegel des Daches nicht fachmännisch befestigt wurden. Es ist nun zu klären, ob auch das Dach des Hauses zur Mietsache gehört. Das Dach des Hauses ist dessen Bestandteil, § 94 I BGB. Das bedeutet, dass die Ziegel nicht vom Haus entfernt werden können, ohne dass das Haus in seinem Wesen verändert würde, § 93 BGB. Darum ist es rechtlich nicht möglich, das Dach (z. B. anteilsmäßig) als zur Mietsache gehörig anzunehmen und daraus eine Hauptleistungspflicht des Vermieters zu begründen. Vielmehr nimmt der Schadensverlauf ( 2 lockere Ziegel) seinen Anfang in der Sphäre des Vermieters und stellt keinen Bestandteil der Hauptleistung dar.
Ein Mangel der Mietsache kann nur vorliegen, wenn Schadensursache und Schadenswirkung im definierten Bereich der Mietsache liegen, was hier nicht der Fall ist. Allenfalls die Stelle, an der die Wohnung durchnässt wurde und das Wasser den Schreibtisch erreichte, befindet sich innerhalb der Wohnung.
Im Ergebnis ist ein Mangel an der Wohnung zu verneinen. Die Hauptleistungspflicht des Vermieters ist nicht verletzt. Ein Anspruch aus oben genannten Vorschriften scheidet aus.
Trotzdem ist ein Rechtsgut des Speer (nämlich dessen Eigentum) zu Schaden gekommen. Das Schuldverhältnis aus der Miete besteht aus Hauptleistungspflichten und bloßen Nebenpflichten, § 241 II BGB. Der Vermieter kann die Nebenpflicht gehabt haben, Rücksicht auf die Rechtsgüter des Speer zu nehmen, die sich im Bereich der angemieteten Wohnung befinden.
Anspruch aus §§ 280 I S1, 535, 241 II, 278, 276 BGB
Ein Mietvertrag wurde geschlossen. Der Schaden des Speer ist nach der Erklärung des Vermieters auf lockere Dachziegel zurück zu führen. Diese liegen im Einflussbereich des Vermieters. Er hat die Sorgfalt darauf zu achten, dass durch sie keine Schäden an Rechtsgütern des Speer verursacht werden, § 241 II BGB.
Mit der Reparatur des Daches hat der Vermieter einen Handwerker beauftragt, der für den Vermieter einen einwandfreien Zustand der Dachziegel herstellen sollte. Letztlich ist das nicht gelungen, was sich im Schaden des Speer niederschlug. Im Tätigkeitsbereich des Handwerkers ist davon auszugehen, dass er infolge Fahrlässigkeit die beiden Ziegel nicht richtig befestigt hat, § 276 BGB.
Der Vermieter hat insoweit nicht gehandelt, muss sich dennoch die Fahrlässigkeit des Handwerkers als eigene anrechnen lassen, § 278 BGB. Der Handwerker handelte nämlich mit Willen des Vermieters, was ausreichend ist, um Erfüllungsgehilfe zu sein.
Die Verschuldensprüfung ist im Vertragsverletzungsrecht aber kein Bestandteil der Anspruchsbegründung, sollte aber bei der Anspruchsprüfung nicht außer Acht gelassen werden.
Die Schadenshöhe wird mit 500.- € angegeben. Allerdings bestimmt sich die Schadenshöhe primär nach §§ 249 ff BGB. Der Vermieter hat den Zustand am Schreibtisch herzustellen, als und soweit der Regenschaden nicht eingetreten wäre (Grundsatz der Naturalrestitution). Ersatzweise kommt Geldleistung in Betracht.
Es besteht ein Anspruch aus den oben genannten Vorschriften zur Nebenpflicht.
Auch durch unerlaubte Handlung kommt ein Anspruch des Speer in Betracht.
Anspruch aus §§ 831 I, 823 I BGB
Der Handwerker hat eine unerlaubte Handlung begangen nach § 823 I BGB und § 823 II BGB i.V.m. § 303 StGB
Aufzählung kumulativ:
- Verletzung Rechtsgut Eigentum
- Handlung
- Kausalität, Auslage Ziegel als Bedingung, Vorhersehbarkeit des Schadens
- Schaden liegt im Bereich der Schutznorm, da § 823 I BGB materielle Schäden an absoluten Gütern verhindern helfen will.
- Widerrechtlichkeit, es besteht keine Rechtfertigungslage
- Verschulden in Form von Fahrlässigkeit des Handwerkers
Die Haftung des Vermieters richtet sich nach § 831 I BGB
- Handwerker als Verrichtungsgehilfe bestellt
- Handwerker als Verrichtungsgehilfe, Tätigkeit mit Willen des Vermieters und in dessen Interesse
- Schadenszufügung in Ausführung der Verrichtung
Das Problem ist hier die Frage, ob § 831 I BGB, in Ausführung der Verrichtung, nur Augenblicksschädigungen erfasst, wo also die fahrlässige Handlung sich sofort in einem Schaden auswirkt, oder auch die Schaffung einer Gefahrenlage genügt, aus der sich zu einem späteren Zeitpunkt durch ein nichtbeeinflussbares Ereignis ein Schaden realisiert (nämlich wenn es regnet), was für einen Dachdecker durchaus vorhersehbar ist. Eine Antwort hierauf lässt sich nur nach dem Zweck der Norm des § 831 I BGB gewinnen.
§ 831 I BGB steht in einem Haftungssystem des BGB, das auf sachlichen (Rechtsgut, Kausalität, Schaden, Widerrechtlichkeit) und persönlichen (Vorsatz, Fahrlässigkeit) Elementen beruht und auch dem Schutze von Interessen unbeteiligter Dritter dienen soll. Der sehr strenge Maßstab des Haftungssystems lässt sich nur halten, wenn er situativ und objektiv alle Begründungselemente einbezieht und der Rechtsfindung zugrunde legt. Für eine darüber hinausgehende Interpretation des Haftungssystems bleibt dabei kein Raum. Wenn man argumentiert, die Schaffung einer bloßen Gefahr (mit späterem Schadenseintritt) falle nicht mehr unter § 831 BGB, stellt man entscheidend auf ein nicht beeinflussbares Ereignismoment ab. Das widerspricht auch der Sachlage, weil der vom Handwerker gesetzte Fehler den Schaden mit hoher Wahrscheinlichkeit determiniert, und lediglich das Hinzutreten eines weiteren Umstandes, auf objektiven Empfängerhorizont abgestellt, nur als ein logisch notwendig ergänzender Umstand in eine logische Kausalreihe eintritt und diese vollendet. Das Dach sollte Instand gesetzt werden, gerade um Wasserschäden zu vermeiden. Stellt man entscheidend auf diesen Punkt ab, bedeutet dies eine nicht gerechtfertigte Privilegierung des Vermieters als den Geschäftsherrn. Zumal die lockeren Dachziegel auch an anderer Stelle rechtlich von Belang sind. So hat der Vermieter möglicherweise einen Gewährleistungsanspruch und einen eventuellen Ersatzanspruch aus Vertrag gegenüber dem Handwerker. Nach alledem lässt sich die gegebene Kausalreihe, als von dem Tatbestandsmerkmal der Ausführung des § 831 I BGB erfasst, begreifen.
- Der Vermieter ist dem Speer nur haftbar, wenn dieser den Handwerker nicht sorgfältig ausgewählt haben sollte. Hier dürften die Anforderungen nicht zu hoch angelegt werden.
Es besteht ein Anspruch aus unerlaubter Handlung
Für die Frage, ob ein Handelsgeschäft des Speer vorliegt, ist die Natur des Rechtsgeschäftes maßgeblich. Da die Miete der Privatwohnung keinen unmittelbaren oder auch nur hilfsweisen Bezug zum Geschäftsfeld eines Spediteurs aufweist, greift die Vermutung aus § 344 HGB nicht.
b) Beweisfragen können sich in mehrfacher Hinsicht zeigen
- Anspruchsbegründung aus §§ 280 I S1, 535, 241 II, 278, 276 BGB
In § 280 I S2 BGB wird klargestellt, dass der Nachweis des Verschuldens kein Bestandteil der Anspruchsbegründung ist. Also hier kein Problem.
- Schadenshöhe 500.-
Diese könnte vor Gericht streitig sein. Zunächst muss Speer beweisen, dass sich die Flecken nicht mehr voll beseitigen lassen. Danach muss Speer beweisen, dass der Schaden tatsächlich einen Wert von 500.- € hat.
- Anspruch aus §§ 831 I, 823 I BGB
Speer muss vor Gericht nachweisen, dass der Vermieter den Handwerker nicht sorgfältig ausgewählt hat. Diese Verschuldensprüfung ist Bestandteil der Anspruchsbegründung. Nur dann gelingt die Haftung aus diesen Normen.
Viel Spaß mit dem Lösungsvorschlag !
Grüße
Donald