Aufgabe dieses Themas ist es nicht, das komplexe Steuerrecht in wenigen Sätzen zu erläutern. Aber es hilft sehr für das Verständnis der steuerrechtlichen Rechtsgrundlagen, den Aufbau des Einkommensteuerrechts näher zu betrachten. Natürlich hängt die Anwendung des Steuerrechts maßgeblich ab vom wirtschaftlichen Geschehensablauf im maßgeblichen Zeitraum. Dessen Struktur und Elemente sind ausschlaggebend dafür, welche steuerrechtlichen Normen angesprochen werden. Es ist ein großer Überblick erforderlich und eine ständige Beobachtung der Veränderung des Steuerrechts, um auf dessen Boden eine gute Arbeitsleistung erbringen zu können. Die nachfolgenden Überlegungen sind eine Möglichkeit der Betrachtung und sollen dabei helfen, den anfänglichen Umgang mit dem Steuerrecht im Rahmen eines BWL-Studiums zu erleichtern.
Steuerrecht ist seinem Gegenstand nach Verrechnungsrecht. Es wird nicht im Rahmen einer klassischen juristischen Ausbildung angeboten, sondern ist fester Bestandteil eines betriebswirtschaftlichen Studiums. Das findet eine Berechtigung zum einen darin, als das Steuerrecht wirtschaftliche Vorgänge erfasst und daraus Rechtsfolgen ableitet, zum anderen deshalb, weil die gesetzliche Methode zur Ermittlung der Steuerschuld sich die Instrumente des betrieblichen Rechnungswesens zu Grunde macht. Die Verrechnung dort erfolgt durch das T-Konto und die Ergebnisse eines Geschäftsjahres werden in der Bilanz niedergelegt. Die Werte übernimmt das Steuerrecht aber nicht einfach, sondern es ordnet durch viele Vorschriften an verschiedenen Stellen an, dass diese Werte Zuschreibungen oder auch Abschreibungen erfahren sollen. Schließlich hält das Steuerrecht eine eigenes Wertermittlungsverfahren parat, dessen wesentliches Instrument ebenfalls das T-Konto ist. Hieran knüpft ein eigenes, formell-rechtliches Besteuerungsverfahren nach AO an.
Im Einkommenssteuerrecht gibt es, wie im Rechnungswesen, positive und negative Rechenelemente, die grammatikalisch durch den Gesetzgeber festgelegt wurden. Vielfach wirken eine Reihe solcher verschiedener Rechenelemente auf einen Wert ein, was sich übersichtlich nur durch ein T-Konto erfassen und verrechnen lässt. Von zentraler Bedeutung ist § 2 EStG. Diese Norm enthält den Rechenweg, weil daraus ersichtlich wird, welche T-Konten und Unterkonten eröffnet und wann aufgelöst werden müssen und zugunsten welcher anderen T-Konten.
§ 2 EStG nennt die Einkunftsarten. Die §§ 13 ff EStG gestalten die Art und Weise bzw. die Umstände relevanter Tätigkeiten i. S. d. Einkommenssteuerrechts näher aus. Das heißt im Besteuerungszeitraum haben sich wirtschaftliche Vorgänge abgespielt, die nun danach klassifiziert werden müssen und wertmäßig auf ein Einkunftskonto zu ziehen sind, das zum Zweck der Verrechnung eröffnet wird.
Einkunftsarten
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Saldo..|
Am Ende der Rechenperiode muss infolge der Zusammenfassung aller Einkunftsarten ein positiver Saldo gezogen werden können. Was bei Gewerbetreibenden und Selbständigen die Einkünfte sind, legt § 2 II EStG fest durch einen Verweis auf §§ 4 – 7 k EStG. Im Grunde bedeutet das nichts anderes als weitere Unterkonten zu eröffnen, die darstellen, wie sich der Gewinn des Gewerbetreibenden nach §§ 4 ff EStG errechnet, weil nach den Vorschriften dort notwendige Zu- und Abschreibungen auf den Wert vorgenommen werden müssen. Am Prinzip aber ändert es nichts. Sind alle Zu- und Abschreibungen auf den Gewinn vorgenommen, schließt das Gewinnkonto als Unterkonto durch Saldobildung und übernimmt diesen auf das Konto der Einkunftsarten als Hauptkonto.
Davon ausgehend wird nun über § 2 III EStG der Gesamtbetrag der Einkünfte berechnet. Auch hier gilt wieder das gleiche Prinzip. Es wird ein Hauptkonto eröffnet, das den Saldo aus den Einkunftsarten übernimmt. Dann sind die vom Gesetz geforderten Zu- und Abschreibungen vorzunehmen. Gegebenenfalls sind Freibeträge einzustellen, die ebenfalls als negatives Rechenelement wirken. Schließlich wird dann der Saldo gezogen.
Nach § 2 IV EStG geht es um die Errechnung des Einkommens. Auch hier wird wieder ein T- Konto eröffnet. Zunächst wird der Saldo aus dem Gesamtbetrag in das T-Konto übernommen. Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen werden hier verrechnet. Um deren Werte zu ermitteln müssen separate Unterkonten eröffnet werden, um die Rechenschritte ausführen zu können, die das EStG anordnet, §§ 10 ff, 33 ff EStG. Dort werden ebenfalls Zu- und Abschreibungen vorgenommen oder Freibeträge in die Verrechnung eingebracht. Die Salden der Unterkonten müssen entsprechend der gesetzlichen Vorgaben auf das Hauptkonto zur Errechnung des Einkommens übernommen werden. Auch das Hauptkonto wird saldiert. Fest steht damit das Einkommen.
Um das zu versteuernde Einkommen zu ermitteln, § 2 V EStG, muss nochmals ein Hauptkonto und gegebenenfalls, das hängt ab vom konkreten Sachverhalt, der zur Besteuerung ansteht, weitere Unterkonten eröffnet werden. Das Hauptkonto übernimmt den Saldo aus dem Konto Einkommen. Auch hier müssen die Berechnungen nach den genannten Vorschriften vorgenommen werden, was sich in den Unterkonten darstellen lässt. Diese werden geschlossen, indem deren Salden in das Hauptkonto des zu versteuernden Einkommens übernommen werden. Auch dieses Konto muss mit den konkreten Werten geschlossen und saldiert werden. Der Saldo dieses Kontos stellt das zu versteuernde Einkommen dar, das gemäß § 2 V EStG die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommenssteuer ist.
Die tarifliche Einkommenssteuer muss nun im Besteuerungsverfahren nach AO festgesetzt werden. Die Steuerbehörde fordert die Steuererklärung ein und muss dazu den Sachverhalt ermittelt, gegebenenfalls weitere Beweise erheben und danach den Steuerbescheid (= Verwaltungsakt) mit rechtsverbindlicher Wirkung gegenüber dem Steuerpflichtigen erlassen. Außerdem regelt die AO das Recht der Rechtsmittel.
Die Verwendung von T-Konten bzw. eines T-Konten-Systems bei der Bearbeitung von steuerrechtlichen Aufgabenstellungen ist äußerst vorteilhaft. Auf die Darstellung eines Kontensystems als Grafik verzichte ich hier, weil sich das bei der Einstellung ins Forum nicht umsetzen lässt und darüber hinaus jedem BWL- Studenten bei der Behandlung des Steuerrechts die Grundlagen der Buchführung bereits vermittelt worden sind. Die Vorschriften des EStG haben nicht selten sehr lange Sätze und Absätze, deren eigentlicher Sinn sich grammatikalisch für den Studenten nicht oder nur schwer herauslesen lässt. Durch die Verwendung von T-Konten lassen sich die Gebote in der Form von Zu- und Abschreibungen aus den oftmals ausführlichen gesetzlichen Normen lückenlos und übersichtlich auflösen und befolgen.
Donald
BWL-Student (FSH)