ILS GRRE1 Grundlagen BGB Willenserklärungen

  • Hallo zusammen, hänge bei einer Aufgabe und bin mir nicht ganz sicher, vielleicht kann sich jemand mal meine Lösung anschauen.

    Aufgabe:
    A bezieht Strom und Gas vom Energieversorgungsunternehmen B. Der konkurrirende Anbieter C macht dem A ein Angebot. A ist der Auffassung, dass die dortigen Konditionen für ihn wesentlich günstiger sind. A beabsichtigt daher, den Vertrag mit B zu kündigen. Er fertigt ein entsprechendes Schreiben und gibt es am 26.9. zur Post. Als seine Frau davon erfährt, bittet sie den A, die Kündigung zu widerrufen, da sie erfahren hat, dass C unseriöse GEschäfte tätigt. Am Mittag des 26.9. fertigt der A ein weiteres Schreiben, in dem er er seine Kündigung widerruft. Er übersendet den Widerruf noch am geleichen Tag um 15:00 Uhr per Telefax an B. Das Telefax bleibt im Posteingang bis zum nächsten Tag liegen und wird dem Sachbearbeiter am 27.9. um 14:00 Uhr zugeleitet. Die schriftliche Kündigungserklärung hat der Postbote beim Energieversorgungsunternehmen am 27.9. um 08:30 Uhr in den Briefkasten geworfen, der Sachbearbeiter hatte das Schreiben bereits um 09:00 Uhr erhalten.

    Prüfen und begründen Sie: Ist die Kündigung wirksam geworden?

    Meine Antwort:
    Die Kündigung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Diese wurde hier in Abwesenheit des Erklärungsempfängers B abgegeben.
    Für das Wirksamwerden ist der Zeitpunkt entscheidend wann dem Empfänger die Kündigung zugegangen ist, bzw. wann diese in dessen Machtbereich eingedrungen ist und man von der Kenntnisnahme ausgehen kann (vgl. §130 BGB). Dies ist hier am 27.09. um 09:00 Uhr der Fall. Damit ist die Willenserklärung wirksam geworden. Der Erklärende A ist grundsätzlich an eine wirksam gewordenen Willenserklärung gebunden ist, und da diese nur dann nicht wirksam ist wenn dem Empfänger vorher oder Zeitgleich ein Widerruf zugeht (§130 Abs. 1 Satz 2 BGB),
    was hier nicht der Fall ist, da der Widerruf dem Sachbearbeiter des B erst um 14:00 Uhr zugeht, ist die Kündigung wirksam geworden.

    MEINE FRAGE DAZU:
    Ist meine Antwort so korrekt, oder ist die Kündigung doch nicht wirksam geworden, da man als Zeitpunkt des Zugangs des Faxes, den Zeitpunkt nehmen muss, an dem das Fax bei der Firma angekommen ist, also schon einen Tag vorher? Jedoch ist das Fax ja nicht dem zuständigen Sachbearbeiten zugänglich gewesen?!

    Wäre super wenn mir hier einer helfen kann.
    Schonmal vielen lieben Dank!

    :confused:

  • Hallo Chilly,

    Du hast recht mit Deinen Ausführungen, dass vorliegend Willenserklärungen unter Abwesenden abgegeben wurden. Deshalb sind sie, wie Du korrekt ausführst, zugangsbedüftig. Vertragspartner ist das Unternehmen B. Nur ihm gegenüber können Willenserklärungen (die Kündigung und auch der Widerruf ist jeweils eine, weil ein rechtlicher Erfolg erzielt werden soll) wirksam zugehen. Deshalb ist hier das Unternehmen B der Adressat sämtlicher Willenserklärungen. Der Sachbearbeiter oder andere Mitarbeiter sind Handlungsgehilfen. Das BGB legt die Anforderungen für den notwendigen Zugang fest (§§ 130 ff BGB).

    Beim Zugang solltest Du dem Korrektor gegenüber darstellen, dass es hierbei auf die Möglichkeit zur Kenntnisnahme ankommt und diese auch ausreichend ist. Die tatsächliche Kenntnis wird vom BGB nicht gefordert. Dies ergibt sich nur indirekt aus § 132 I BGB, weil dort ein Verweis auf das förmliche Zustellungsverfahren der ZPO enthalten ist. Dazu muss man (Du) wissen, dass dort eben die Möglichkeit der Kenntnisnahme ausreicht und das BGB sich diesen Verweis zu nutze macht. Möglichkeit der Kenntnisnahme ist gegeben, wenn das (verkörperte) Schriftstück in den Machtbereich des Empfängers gelangt, so dass nach allgemeiner Lebenserfahrung erwartet werden kann, der Adressat werde Kenntnis erhalten. In den Machtbereich gelangen Schriftstücke durch Einwurf in den Briefkasten, einmal eingeworfen können Schreiben nur von den Mitarbeitern durch Öffnung entnommen werden, oder aber durch Fax.

    Für die Klärung des Widerrufs, das erscheint Dir wichtig zu sein, weil ich den Eindruck habe, dass Du die Problematik an sich verstanden hast, gibt die Aufgabenstellung zwei Zeitpunkte des Zugangs vor:

    Kündigung 26.9. Anfertigung und Aufgabe zur Post,
    Widerruf Kündigung 26.9., 15.00 per Fax an B (Zugang),
    Einwurf Kündigungsschreiben bei B (Zugang) am 17.9., 8.30.

    Die Übermittlung des Fax` ist einwandfrei, d.h. es ist beim Empfänger gedruckt und beim Absender protokolliert. Damit ist der Widerruf dem Unternehmen B zugegangen. Allerdings ist damit noch nichts über die Wirksamkeit des Widerrufs gesagt. Ein Widerruf einer Willenserklärung ist rechtlich grundsätzlich möglich, weil vorgesehen, § 130 I S1 BGB. Allerdings dürfen keine erhöhten Formerfordernisse an die Ausübung des Widerrufs bestehen (dies kann in AGB vereinbart sein, siehe § 309 Nr. 13 BGB). Konkret besteht kein (Schrift-)Formerfordernis. Daher ist es gleichgültig, dass das Fax, als quasi Kopie keine Unterschrift im Rechtssinne trägt. Somit liegen also keine Hindernisse für die Wirksamkeit des Widerrufs vor. Da der Widerruf zeitlich vor der Kündigung bei B eingeht, ist die Kündigung vor ihrem Zugang bei B wirksam widerrufen.

    Grüße
    Donald