• Hallo,
    ich bräuchte mal den ein oder anderen Denkanstoß.
    Die Aufgabe lautet:
    Ein Angestellter einer Speditionsgesellschaft begann seine Tätigkeit am 1.1. des Jahres.Zwischen ihm und dem Arbeitgeber ist monatliche Kündigungsfrist zum Monatsende vereinbart.
    Nachdem der Angestellte erkrankt,schickt der Arbeitgeber ihm am 26.5 eine Kündigung zum 30.6. des Jahres mit Einschreibebrief zu.
    Als der Postbote ihm den Einschreibebrief aushändigen will,trifft er nicht ihn an,weil er zum Arzt gegangen ist.Daraufhin gibt er den Brief bei der Schwiegermutter des Angestellten ab,die ein Stockwerk höher in einer eigenen Wohnung wohnt.Diese vergisst aber,dem Angestellten den Brief auszuhändigen.
    Am 30.6. schickt der Arbeitgeber an den Angestellten dessen Arbeitspapiere und das Zeugnis ab und weist in einem Begleitschreiben auf die bereits abgesandte Kündigung vom 26.5 zum 30.6. hin.Dieser Brief trifft bei dem Angestellten am 2.7. ein.
    Wann und wodurch ist hier gekündigt worden?
    Wann läuft die Kündigungsfrist ab?

    Der Empfänger muss vom Inhalt Kenntnis nehmen können und das passiert erst mit Aushändigung des Briefes...Da die Schwiegermutter ihn vergessen hat,ist ihm die Kündigung doch nicht zugegangen,oder:confused:
    Muss der Arbeitgeber dann erneut kündigen,er hat ja die Beweislast?
    Wann beginnt dann die Kündigungsfrist?

  • Zunächst einmal genügt jede Mitteilung, woraus für den Empfänger der Wille zur Kündigung hinreichend erkennbar ist. Mehr verlangt das Schriftformerfordernis aus § 623 BGB vom Kündigenden nicht. Daher ist es unerheblich, ob er ein formales Kündigungsschreiben übersendet, oder die Übersendung der Arbeitspapiere mit Begleitschreiben, in dem auf "irgendeine erfolgte" Kündigung hingewiesen wird, um den Kündigungswillen auszudrücken, erfolgt.

    Zu den möglichen Zugangsereignissen:

    Das Einschreiben ist dem Arbeitnehmer nicht zugegangen. Unter Zugang einer Willenserklärung unter Abwesenden verlangt das BGB, und auch die ZPO für Zustellungen und förmliche Bekanntgaben, dass das Schriftstück derart in den Machtbereich des Adressaten gelangt, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen davon Kenntnis nehmen kann. In einem Haus mit mehreren Wohnungen besteht dieser Machtbereich aus der Wohnung selbst und dem Briefkasten. Das Einschreiben gelangte allerdings in den Machtbereich der Schwiegermutter, die eine eigene Wohnung hat, auf die der Adressat erkennbar keinen Einfluss ausüben kann.
    Dieses Schriftstück hat die Schwiegermutter schließlich auch für sich einbehalten. Diese Kündigung ist daher mangels Zugangs nicht wirksam geworden, §§ 130 I, 620 II, 623 BGB.

    Die Begleitpapiere, die auch den Kündigungswillen ausdrücken, sind hingegen am 2.7. zugegangen. Im Hinblick auf die Form (Begleitschreiben mit Erklärung Kündigungswille und Arbeitspapieren) ist die Kündigung auch wirksam, § 623 BGB. Die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber bestimmt sich grundsätzlich nach § 622 II BGB. Da keine der Sondervorschriften aus § 622 III – VI BGB (bitte gegebenenfalls nachlesen) vorliegt, ist die Vereinbarung einer Kündigungsfrist von einem Monat auch rechtmäßig. Es handelt sich um eine sog. ordentlichen Kündigung, bei der Kündigungsschutzfragen nicht geklärt werden sollen. Das Ereignis der Kündigung fällt in den Lauf des 2.7. (Zugangstag). Fristberechnung nach §§ 187 ff BGB. Soweit mein Anstoß, viel Spaß beim Lösen!