Frage:
Anton A ist längjähriger Kunde bei der Bank. er schreibt , die Bank möge 100 Aktien Firma XYZ kaufen. Der Wertpapierberater hat Zweifel an der Qualität der Aktie und veranlasst nichts.Nach Zwei Wochen merkt A das Unterlassen und fordert Schadenersatz da Aktie nun 20 % mehr Wert ist.Die Bank ist der Auffassung es fehle am Vertragsschluß für den Kauf der Aktie, da das Angebot des A von Ihr nicht angenommen worden sei. Das Schweigen des Wertpapierberaters ist nicht als Willenserklärung zu werten.
Prüfen Sie ist zwischen A und der Bank ein Geschäftsbesorgungvertrag zustande gekommen??
Also meiner Ansicht nach ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag ein Dienst- oder Werkvertrag (§§ 611 und 631 BGB), durch den sich der Beauftragte zur entgeltlichen Besorgung eines ihm von dem Auftraggeber übertragenen Geschäfts verpflichtet. Allerdings setzt ein Vertrag nach BGB eine zweiseitige Willenserklärung vorraus und die besteht hier ja nicht.
Oder??
Wer kann mich "entwirren"
Geschäftsbesorgungsvertrag
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Eselchen -
8. Januar 2008 um 21:43 -
Erledigt
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Bin da gerade auch dabei.
Dachte zuerst, dass ich mit § 362 Abs. 1 HGB die Aufgabe gelöst hätte.
Allerdings bin ich nun auf § 675 o und x BGB gestoßen.
Was meint Ihr?
LG Jenni
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Die zentrale Fragestellung geht beiläufig aus der Aufgabenstellung hervor: Hat A Anspruch auf Schadensersatz ? Die Prüfung bloß dahingehend, ob ein Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen wurde, ist nicht ausreichend, weil lediglich eine Zwischenstation.
Die Normen des Geschäftsbesorgungsvertrags regeln nur typische Besonderheiten der Interessen bei einer "Beauftragung eines geschäftlich Selbständigen". Die §§ 675 o und x BGB betreffen Zahlungsvorgänge, wobei ich den Fall so sehe, dass A gerade nicht gezahlt hat.
Zunächst ist zu klären, WAS Vertragsgegenstand sein soll und danach die Frage, ob ein Vertrag hierüber zustande gekommen ist. Bei einem Geschäftsbesorgungsvertrag, wo Dienste im Vordergrund stehen sollen, fehlt eine Erfolgsgarantie, dementsprechend fehlen diesem Vertragstyp Gewährleistungsrechte. Bei einem werkvertraglich geprägtem Geschäftsbesorgungsvertrags kommt die Erfolgskomponente hinzu, und es gibt Gewährleistungsansprüche für den Besteller.
Ein Vertragstyp der beiden Möglichen muss sich danach bestimmen, WIE er im beiderseitigem Interesse gewollt sein kann.
Bei der Auslegung von Verträgen ist der wahre Wille der Beteiligten zu erforschen und zugrunde zu legen, §§ 133, 157 BGB. Nur wirtschaftlich sinnvolle Regelungen können als gewünscht angesehen werden.
Beim Aktiengeschäft handelt es sich um geschäftliche Aktivitäten, die höchst spekulativ sind und eine Wertentwicklung nahezu unvorhersehbar ist. In der Regel legen Banken dazu von ihnen entwickelte AGB`s auf. Eine Erfolgskomponente (Werkvertrag) läge hier im Interesse des A, dagegen nicht im Interesse der Bank. Außerdem ist bei der Sachlage fraglich, ob die Bank die Erfolgskomponente (gewünschte Wertsteigerung) überhaupt erfüllen kann, d.h., sozusagen schon von vornherein schadenersatzpflichtig ist. Die Annahme eines Geschäftsbesorgungsvertrag auf Basis eines Werkvertrages muss daher ausscheiden.
Übrig bleibt die Variante: Geschäftsbesorgungsvertrag auf Basis eines Dienstvertrags. Aus dem Geschehen ergibt sich, dass A lediglich den Kauf der Aktien wollte. Eine solche Betätigung also auch im Interesse der Bank liegt, weil sie dadurch Provisionsansprüche auslösen kann. Daher ist Vertragstyp der Geschäftsbesorgungsvertrag auf der Basis des Dienstvertrags. Dieser Dienstvertrag kann auch für einen bestimmten Zeitraum abgeschlossen werden, innerhalb der sich die Vornahme von Geschäftsbesorgungen wiederholen können.
Ein Vertrag kommt in der Regel zustande durch Angebot und Annahme, §§ 145 ff BGB. Aus dem Schweigen gehen grundsätzlich keine Willenserklärungen hervor. Anders sieht es aus, wenn einer der beiden Parteien Kaufmann ist und sich öffentlich dazu erboten hat, Geschäfte für fremde Rechnung zu besorgen, § 362 HGB. So ist es im Falle einer jeden Bank. Der Rechtschutz des Nichtkaufmanns legitimiert diese Norm. Ein Ausschluss der Norm mittels AGB erscheint mir nicht ohne weiteres möglich.
Die Bank hat darüber hinausgehend also weitgehende Informationspflichten über ihre Geschäftstätigkeit und ist an Weisungen des Auftaggebers grundsätzlich gebunden, §§ 675, 676, 665 BGB.
A kann einen Anspruch haben aus §§ 280 I S1, 611, 675, 663 BGB 362 HGB:
Der A ist bereits langjähriger Kunde der Bank und diese ist ein Unternehmen, das sich öffentlich zu Geschäften der Vermögensverwaltung erboten hat. A wollte Aktien kaufen und erhielt hierauf keine Reaktion der Bank.
Es besteht ein Geschäftsbesorgungsvertrag, s.o. . § 362 HGB und § 663 BGB heben sich nicht gegenseitig auf. § 362 BGB ist rechtlich auf den Vertragsschluss ausgerichtet und geht hier für die Frage des Vertragsabschlusses den Regeln des BGB vor. § 663 BGB bezieht sich hier der Art nach auf ein tatsächlich vorzunehmendes Geschäft. Nach der Gestaltung der Aufgabe kann der Vertragsschluss zeitlich vor der Aufgabenstellung liegen, aber spätestens mit dem Kaufantrag der Aktien zustande gekommen sein. Das würde ich hier als Randnotiz anmerken.
Auf das Ansinnen des A, bestimmte Aktien zu kaufen, hätte der Vorgang der Qualitätsprüfung nicht nur ein innerer Vorgang des Angestellten bleiben dürfen. Er hätte den A über die Lage seiner Ansicht nach informieren müssen, und die Nichtvornahme des Aktienerwerbs unverzüglich dem A gegenüber anzeigen müssen, §§ 675, 663 BGB.
Das wurde seitens der Bank unterlassen. Auch das Unterlassen stellt eine Handlung dar. Hier liegt der Wille in dem Unterlassen des Kaufs darin, Wertpapiere mit einer bestimmten Qualität nicht zu erwerben. Damit hat die Bank auch eine Pflicht aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag verletzt.
Das Unterlassen ist kausal; die fehlende Ablehnungsanzeige kann nicht weggedacht werden, ohne dass der Schaden in Form der Wertsteigerung der Aktie entfiele. Der Schaden war für den Bankangestellten, wenn auch nur mit Wahrscheinlichkeit anhand der Lebenserfahrung bei Aktiengeschäften, vorhersehbar.
Schließlich ist ein Schaden eingetreten. Als der Schaden durch A bemerkt wurde, bezifferte er sich bereits auf eine Wertsteigerung der Aktie mit 20 % des Einstandspreises.
Damit liegen alle Voraussetzungen für den Schadenersatzanspruch vor.
A kann auch einen Anspruch aus §§ 280 I S1, 611, 675, 665 BGB – Verletzung der Weisungspflicht durch Unterlassen haben.
Das Kaufansinnen des A gegenüber der Bank lässt sich im Wege der Auslegung als Weisung auffassen, für ihn bestimmte Aktien zu kaufen. Für die Bank ist diese Weisung grundsätzlich verbindlich, d. h., sie kann nur davon abweichen, wenn ihr Umstände bekannt wären, nach denen zu erwarten ist, dass A vom Geschäft Abstand nehme, wenn er die Umstände kennt. Die Erwägungen des Bankangestellten bleiben hinter dieser Vorgabe zurück. Ein Ausnahmefall nach § 665 S2 BGB liegt nicht vor. Das Unterlassen des Bankangestellten ist damit rechtserheblich.
Für den Kauf nach Weisung wäre ein weiteres Rechtsgeschäft, Vollmachtserteilung nach §§ 166 II, 164 I BGB notwendig gewesen.
Kausalität: gegeben, entsprechend wie oben.
Schaden, wie oben.
Auch nach dieser Anspruchsgrundlage kann A Schadenersatz fordern.
Für den A ist es von Vorteil, dass zwei Pflichtverletzungen auf zwei Anspruchsgrundlagen gestützt werden können. Er kann dadurch zwar nur einen Ausgleich in Höhe seines Schadens fordern. Für die Bank ist die Rechtsverteidigung erschwert, da sie zwei Ansprüche des A auf Ersatz des Schadens abwehren muss.
Die Widerrechtlichkeit ergibt sich aus dem Vertragsverstoß und die Frage des Verschuldens aus fehlender Informationstätigkeit bzw. Nichtausführung der Weisung betrifft ein Vorbringen, dass nicht von A zu leisten ist, weil es nicht der Anspruchsbegründung dient, siehe § 280 I S2 BGB. Der Gesetzgeber hat die Vertragshaftung so ausgestaltet, dass diese Fragen, die das Internum der Bank betreffen und daher kaum vom Kunden vorgebracht und bewiesen werden können, als Darlegungs- und Beweislast der Bank als Anspruchsgegnerin auferlegt hat.
Diese muss daher darlegen, dass sie ein Verschulden nicht trefft. Das geschieht über den Maßstab des §§ 280 I S2, 276 BGB. Die Haftung der Bank wird noch modifiziert durch §§ 93, 98 HGB, was den Schadensumfang betrifft. Abweichende AGB`s liegen nicht vor.
Die Bank muss also beweisen, dass sie ein Verschulden betreffend der Information und der Weisung des A nicht trifft bzw. ein Schaden nicht eingetreten ist. Das konkrete Vorbringen der Bank in der Aufgabenstellung ist rechtlich unerheblich.
Grüße
Donald -
Hallo Donald,
wollte mich ganz ganz herzlich für Deine tolle Erklärung bedanken.
Super lieb von Dir.LG Jenni