Ist Arbeitslosengeld II eine Armutsfalle?

  • Fordern und Fördern lautet der Grundsatz der Hartz-Reformen. Soll heißen: Däumchen drehen und Arbeitslosenhilfe kassieren gibt's nicht mehr. Wer Hilfe will, muss erst mal seine Sparstrümpfe leeren. Das ist wohl dann das Fordern. Wer Hilfe bekommt, soll es so unangenehm haben wie möglich. Das ist das Fördern. Arbeitsminister Wolfgang Clement glaubt, das Arbeitslosenheer sei die Folge eines Vermittlungsproblems. Deswegen heißt die Arbeitslosenhilfe bald Arbeitslosengeld II und ist nur noch so niedrig wie Sozialhilfe. Aber wo sollen die neuen Jobs her kommen - vor allem im Osten?

    Was haltet ihr davon? Ist diese Maßnahme eurer Ansicht nach richtig oder doch eher unsozial?

    "Gewalt ist die letzte Zuflucht der Unfähigen."

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  • Hi Steffen,

    ich finde es wurde langsam Zeit, dass in dieser Richtung mal was passiert.
    Es ist richtig, dass es im Osten an Stellen mngelt, jedoch gibt es in anderen Bundesländern viele offene Stellen. Wo bleibt die Flexibilität der Menschen dort. Es ist natürlich der einfachste Weg, wenn ich ein Jahr lang Arbeitslosengeld beziehe und danach Arbeitslosenhilfe bekomme, jedoch weiterhin der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe. Ich bin der Ansicht ein Großteil der Arbeitslosenhilfebezieher hat gar keine Lust zu arbeiten un diese Menschen haben kein Recht auf überhaupt irgendwelche Bezüge vom Staat. Gebeutelt sind natürlich die Leute, die krank sind oder nicht mehr in der Lage sind zu arbeiten.
    Ich komme gebürtig aus Mecklenburg und kenne Leute dort, die Familie haben und trotzdem jede Woche nach Hamburg pendeln, nur weil sie dort Arbeit haben. Wenn der Staat nicht jetzt eingreift, wo bleibt denn der Anreiz überhaupt arbeiten zu gehen????

    Gruß malottki

    Tell me what you eat and I tell you who you are.(Brillat-Savarin)

  • Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe dient in Wahrheit ausschließlich dem einen einzigen Zweck, nämlich Menschen, die man eh schon abgeschrieben hat, nun auch als „Kostenfaktor“ endgültig zu entsorgen. Und sie wird von der Industrie genutzt werden, um die sowieso schon niedrigeren Ostlöhne durch Kündigung von Tarifkräften und anschließende Wiedereinstellung zum "Reichsarbeitsdienst-Tarif" noch weiter abzusenken. Das ist ein weiteres Eigentor, denn es müssen genügend Besitzer von Bargeld übrigbleiben, um der Industrie dann noch was abzukaufen.

    Gerade wir BWler müssen doch wissen, was bei einer erneuten Senkung des Grundkonsumniveaus passiert. ich erinnere euch nur an den negativen Multiplikatorprozess oder die fehlende Dämpfung der Schwankungen beim Konjunkturverlauf, wenn der Grungkonsum gesenkt wird. Es wird noch weniger gekauft, dies impliziert eine zurückgehende Produktion, die Löhne senken erneut etc..

    @ malottki: Du hast schon recht, dass es viele Arbeitsunwillige gibt. Dann muss der Staat aber eben besser differenzieren und nicht jeden über einen Kamm schären. Und nun stell dir mal vor, dass du Haus, Grundstück, Heimat und Familie hast. Soll man das wirklich so schnell aufgeben für einen Job woanders? Da verstehe ich manche, dass sie nicht einfach umziehen.

    Das grundlegende Problem ist doch, dass es an Lehrstellen/Arbeitsstellen mangelt. Dies muss sich doch sogar der Staat eingestehen. Deshalb müsste mehr in die Richtung Unternehmen getan werden, dass es halt wieder lukrativer wird, jdm. einzustellen/auszubilden, anstatt immer nur an Kürzungen zu denken!!

    "Gewalt ist die letzte Zuflucht der Unfähigen."

  • @ gerds: Dein Kommentar ist ja sehr von Argumenten geprägt. Und so differenziert.

    Nun mal ehrlich. Wäre schön, wenn man sein statement auch begründen kann und nicht nur ein/zwei Schlagworte bringt.

    "Gewalt ist die letzte Zuflucht der Unfähigen."

  • Ich stimme da erst einmal grundsätzlich mit Steffen überein. In Zeiten wo man quasi schon moralisch dazu aufgefordert wird, noch mehr (Schrott) zu konsumieren um die Binnennachfrage zu heben, ist es schier widersprüchlich nun ausgerechnet da Geld einzusparen, wo es mit hoher Sicherheit wieder direkt in den direkten Konsum fließen wird. Was wir hier erleben ist ein Beispiel für Antikeynsianistische Wirtschaftspolitik. Eben Neoliberal. Aber darüber kann man ja lange streiten. Ich zumindest halte es für einen Fehler.

    Aber ich finde die Idee die hinter Hartz IV steht noch aus einem anderen Grund sehr fragwürdig. Mal abgesehen von dem leidlichen Punkt, dass es nunmal nicht genügend Jobs für alle gibt, die gerne arbeiten würden (und ich unterstelle, dass die wenigsten Arbeitslosen wirklich mit ihrem Los 'abgestellt' zu sein zufrieden sind), finde ich den Wegfall der Zumutbarkeitsregeln für sehr bedenklich. Damit meine ich jetzt nicht nur arbeitslose Akademiker, die durch solche Regelungen vielleicht nie einen Fuß in ihr Gewerbe fassen können und als 'brachliegendes Humankapital' dahinvegetieren und Burger wenden. Nein, vielmehr finde ich die Sache menschlich sehr bedenklich. Es wird mit Vorurteilen gearbeiten (Arbeitslos = Faul => muss man zwingen) und es wird nicht genügend auf persönliche Gewissensgründe geachtet. Stellt euch nur mal vor, eine moralisch überzeugte Vegetarieren wird plötzlich zu einem Job in einer Legebatterie gezwungen oder ein überzeugter Jude soll nun in einem nicht koscheren Schlachterreibetrieb arbeiten? Das mögen vielleicht Einzelfälle sein, weil es praktisch ohnehin nicht genügend Jobs zu verteilen gibt und bei 40-50 Stundenwochen ohnehin noch weniger werden, aber solche Fälle werden sicherlich passieren und das finde ich mit der Menschenwürde nicht mehr zu vereinbaren.

    Klar stellen will ich an dieser Stelle aber auch, dass ein aktivierender Sozialstaat mMn. grundsätzlich wünschenswert ist. Anreize müssen positiv (Belohnungen) wie auch negativ (Bestrafungen) geschaffen werden, um freie Stellen zu besetzen und vor allem brachliegendes Potential im Heer der Arbeitslosen zu nutzen. Da sind sicherlich viele kreative Köpfe drunter. Sozialstaat bedeutet aber auch, dass er letztlich niemanden alleine stehen lässt. Selbst wenn es sich um einen Sozialschmarotzer handelt. Eine offene, freie und tolerante Gesellschaft zeichnet sich eben und vielleicht auch gerade darin aus, wie sie mit ihren schwächsten/unliebsamsten Gliedern umgeht. In sofern bin ich gegen Kürzungen.

    Eine Studie der Uni Göttingen hat mal versucht zu ermitteln, ob Sozialhilfeempfänger sich mit ihrem schmalen Buget überhaupt gemäß gängiger Gesundheitsempfehlungen ernähren könnten. Das Fazit: Bei den derzeitigen Sozialhilfesätzen ist das nur 20 von 30 Tagen im Monat möglich. Leider kann ich keine Quellenangabe liefern. Hab das vor zwei Wochen mal bei einer Bundestagsdebatte auf Phoenix gesehen, als es um ungesunde Ernährung und fettleibige Kinder hierzulande ging. Soetwas finde ich in einem Land wie Deutschland doch sehr bedenklich. Hartz IV macht nun im Grunde nichts anderes, als dass eine größere Schicht von Menschen eben in solche Bereiche rutscht.

    Vielleicht ist es in einem BWL Forum etwas unpopulär. Aber ich denke, dass unser Staat derzeit nicht auf der Ausgabenseite sparen sondern auf der Einnahmeseite mehr Geld versuchen sollte einzunehmen. Und damit meine ich keine allgemeinen Steuererhöhungen sondern die Wiedereinführung von Vermögenssteuer und einer sinnvollen Erbschaftssteuer. Die Umverteilung von unten nach oben ist sozialpolitischer Wahnsinn, den die Menschen leider solange fressen, wie ihnen Arbeitsplätze und Aufschwung versprochen wird. Mit jeder Enttäuschung aber schwindet das Vertrauen in die Politik mehr und mehr und soetwas frisst langsam an den Grundfesten unserer Demokratie.

    Einzig positiv an Hartz IV scheint mir zu sein, dass Alleinerziehende Mütter scheinbar zu den wenigen Gewinnern gehören, weil die ab 1. Januar deutlich mehr Geld in ihrer Tasche haben werden. Auch wenn ich die Debatte "Frauen müssen mehr Kinder wegen der demografischen Probleme bekommen" grundsätzlich für problematisch halte. So aus rein feministischer Sicht heraus. Der weibliche Körper im Dienste der kapitalistischen Gesellschaft?

    Aber das ist ein anderes Thema ;)

    Kohl, Köhler, Kokolores!

  • Und Hartz IV wird noch absurder:

    (Es bezieht sich jetzt auf Thüringen, aber in den anderen neuen Bundesländern sieht es auch nicht besser aus.)

    "Die Hoffnung erwerbsloser Thüringer, bei der Umstellung auf Arbeitslosengeld II wenigstens für ein Jahr eine Anstellung zu finden, erweist sich als Illusion. Nur 132 der insgesamt für den Osten vorgesehenen 1250 Berater-Stellen sind in Thüringen angesiedelt. Aber auch da kommt ein Großteil der Mitarbeiter nicht aus der Region, sondern wird aus dem Westen ausgeliehen.

    3000 Mitarbeiter der Telekom-Auffanggesellschaft Vivento sollen bei der Einführung des Arbeitslosengeldes II helfen. Etwa 500 dieser Leute werden in Call-Centern eingesetzt, 2500 in den Agenturen für Arbeit. Die Hälfte davon im Osten. In Thüringen sind dafür ganze 132 Stellen eingerichtet.

    Da es sich um eine Arbeit bei einer Behörde handelt, bevorzuge man Beamte, sucht Frank Weigand von der Kommunikationsgewerkschaft DPV, die im Telekom-Standort Bonn ihren Sitz hat, nach einer Erklärung. Da die Telekom im Osten kaum Beamte hat, werden sie aus dem Westen geholt.

    Und das wird richtig teuer. Allein 11 000 Euro gibt es an zusätzlichen Prämien. Die Berater bekommen neben 100 Prozent Telekom-Tariflohn auch 5000 Euro, wenn sie sich für den Wechsel in den Osten bereit erklärten. Dazu gibt es jeden Monat 500 Euro Verpflegungsgeld - insgesamt also 6000 Euro - und eine Pauschale für vier Heimfahrten pro Monat."

    Also ich weiss wirklich nicht, wie man jetzt noch das Wörtchen "sozial" mit dieser sogenannten Reform in Verbindung bringen kann..

    "Gewalt ist die letzte Zuflucht der Unfähigen."

  • Also ich muß sagen, dass ich nicht freiwillig arbeitslos geworden bin. Liebend gerne würde ich in meinem Beruf (Industriekauffrau) wieder arbeiten, aber bei uns in der West-Pfalz sieht es echt mau aus.

    Wenn man dann noch ein Kind hat haste eh verloren (mal anmerken muß).

    Ab August geh ich deshalb auf 400 Euro arbeiten (6 Tage im Monat) und das is besser als nix (kann mir was besseres vorstellen als als Küchenhilfe zuarbeiten, aber sonst bekommste nix.

    Das Geld reicht dann gerade noch für die Kita und dann is auch wieder ende

    (So genug beklagt!!!) :chair:

    • Offizieller Beitrag

    In Burghausen erhängte sich ein arbeitsloser Mann. Als Motiv für den Selbstmord kommen finanzielle Sorgen in Betracht. Der Mann hatte sich vor einigen Tagen ausrechnen lassen, was er nach Einführung des AG 2 noch bekommen würde.

    Bisher erhielt er 600 Euro vom Staat, ab Januar würden es nur noch 331 Euro sein. In seiner Hosentasche fand die Polizei einen Abschiedsbrief, aus dem zu erkennen war, wie verzweifelt er war.

    Seine Lebensgefährtin ist sich sicher. Ihr Mann hat sich wegen Hartz IV umgebracht.

    Quelle

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  • Und die Idiotie nimmt kein Ende!

    Nicht genug, dass die Kinder mit ihren Sparbüchern jetzt schon dran glauben müssen bzw. die Erstbezahlung des ALG2 wahrscheinlich von Januar auf Februar verschoben wird. Es sollen nun sogenannte 2-Euro-Jobs erlaubt und gefördert werden. Dies soll vor allem im Landschafts- und Gartenbau und in der Kranken- bzw. Altenpflege geschehen. Aber was haben die Dumpingpeise dann für Konsequenzen für professionelle Altenpfleger, ... , die ihr Handwerk von der Pike auf gelernt haben? Tja dass könnt ihr euch ja denken.

    Mal sehen was unser Super-Minister morgen wieder für eine Super-Idee hat!!

    :anbet:

    "Gewalt ist die letzte Zuflucht der Unfähigen."

  • Da geb ich Dir absolut recht Steffen, aber Shit ist es auch, dass man auf der einen Seite wat für die Rente tun soll, also Privat vorsorgen,.......... und nu soll erst alles aufgebraucht werden.

    Ich hab ma durchkalkuliert und bin zu folgendem Ergebnis gekommen: ALG2 wird es für mich wohl nie geben (Haus, Sparpläne usw.) na vielen Dank

  • Tja irgendwie widerspricht sich die Regierung... Auf der einen Seite soll man für die Zukunft vorsorgen und wenn man das macht, kann es einem irgendwann das Genick brechen...
    Aber solch eine Schwachsinn können sich nur Leute ausdenken, die keine Zukunftsängste haben müssen...

  • yoo da hasse ma echt recht, aber wie das bei den Dummbatzen von Politikern halt is - dem/r kleinen Mann/Frau nehmen wir alles ab - und selber werden wir noch reicher!!!!!

    Die Politiker sollten uns das doch bitteschön erstma vormachen!!!!!!!!!

  • Tja leider gibt es aber keine Möglichkeit an die "hohen Tiere" heranzukommen. Aber wenn denen die Kohle gestrichen werden würde, würden die auch auf die Straße gehen...

    Die Frechheit find ich ja auch die geplante Einführung von sogenannten 1€ - Jobs...

  • Ich sehe das Problem wie Sylvie auch darin, dass die Hart(z)-Reformen von Menschen kreiert wurden, die keinen blassen Schimmer von Geldnot und höchsten finanziellen Engpässen haben.

    Diese Leute werden noch extra dafür bezahlt, dass es künftig anderen Menschen schlechter gehen wird...

    Einerseits halte ich die Reformen für positiv, denn damit geht es ENDLICH den Sozialschmarotzern an den Kragen.
    Andererseits gibt es genug Leute, die nichts für ihre Arbeitslosigkeit können, und der platte Spruch "wer arbeiten will, findet auch Arbeit" entspricht leider nicht mehr der Realität.

    Ich habe eine Ausbildung zum Kaufmann im Gross- und Aussenhandel gemacht. Und wäre ich dabei geblieben, müsste ich auch sehr grosse Angst um meinen Arbeitsplatz in Zukunft haben, und ruckzuck ist man Opfer der Reformen.

    Nicht jeder ist so privilegiert wie viele von uns hier, die ein Diplom machen können um sich akzentuierter für Arbeitsplätze wertvoll zu machen
    (was aber immer noch keine Garantie ist).

    Ich halte es für eine Schande, einen Pauschal-Rundumschlag zu veranstalten, anstatt bei Bedarf die Einzelfälle zu prüfen.

    Ich würde eher für eine Freisetzung in Form von Gefängnisstrafen (billiger als Sozialhilfen und ArbLoGeld) und Ausgliederung aus der Gesellschaft von Arbeitsunwilligen plädieren als für die Hartz-Reformen.

    Dies würde auch denen helfen, die Arbeit möchten, aber nicht dürfen.
    Aber Demokratie heisst ja, so gut wie nichts bewegen zu können...

    ...i made it !!! :star: ...


    ...wenn du noch niemals deine Meinung geändert hast, fühle mal deinen Puls,
    denn wahrscheinlich bist du schon tot
    ...