Durchbruch für Elite-Universitäten

    • Offizieller Beitrag

    Bund und Länder einigen sich auf gemeinsame Förder-Initiative - Bis 2010 sollen 1,9 Milliarden Euro fließen
    von Joachim Peter

    Berlin - Seit Anfang April haben Bund und Länder hinter den Kulissen auf Staatssekretärsebene über die Förderungsmodalitäten für Eliteuniversitäten verhandelt. Jetzt, nach dem Treffen von Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) mit ihren Kollegen aus den Ländern in Berlin, scheint der Durchbruch gelungen zu sein. Nach Informationen der WELT wird der Bund bis 2010 jährlich 250 Millionen Euro in die "Bund-Länder-Exzellenzinitiative zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an Hochschulen" investieren. Die Länder wollen sich im Gegenzug mit etwa 130 Millionen Euro jährlich an dem Projekt beteiligen. Ab 2006 sollen die Mittel bereits an die Hochschulen fließen. Das Programm läuft bis 2010 - Bund und Länder rechnen mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 1,9 Milliarden Euro. Allerdings stehen die Fördermittelzusagen noch unter Vorbehalt, denn sowohl auf Bundes- als auch auf Länderseite sind die Haushaltsverhandlungen noch nicht abgeschlossen.


    Ende März hatten sich Bund und Länder bereits auf Eckpunkte zur Förderung von Eliteuniversitäten geeinigt. Danach sollten im Rahmen eines Wettbewerbs künftig finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden für


    - die Förderung von Spitzenuniversitäten auf der Grundlage profilbildender Wissenschaftsbereiche der Hochschulen zur Förderung der strukturellen Weiterentwicklung der Hochschulen,


    - die Schaffung von Exzellenzzentren/Exzellenzclustern zur Förderung der Spitzenforschung,


    - Graduiertenschulen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.


    Mit der Bund-Länder-Initiative dürften Schätzungen zufolge etwa 40 Graduiertenschulen mit je einer Millionen Euro jährlich und 30 Exzellenzcluster mit jeweils acht Millionen Euro jährlich gefördert werden. Um als Spitzenuniversität mit insgesamt 25 Millionen Euro jährlich unterstützt zu werden, muss eine Hochschule mit mindestens einer Graduiertenschule und einem Exzellenzcluster ausgestattet sein. Bund und Ländern rechnen mit etwa zehn solcher Spitzenuniversitäten in Deutschland. Ein politikfernes Gremium, bestehend aus Vertretern der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), des Wissenschaftsrats (WR) und einzelnen internationalen Experten, soll die Begutachtung der Förderanträge, die die Hochschulen stellen müssen, übernehmen.


    Die Wissenschaftsminister der Länder verständigten sich untereinander darauf, sich mit jeweils 25 Prozent an der Finanzierung der zur Exzellenzförderung begutachteten Eliteuniversitäten, Graduiertenschulen und Exzellenzcluster zu beteiligen. Der Bund wird 75 Prozent der Förderung übernehmen. Sieht sich ein Bundesland außer Stande, die zusätzliche finanzielle Last zu tragen, fällt die betreffende Hochschule aus dem Sonderprogramm heraus.


    Eingesetzt hatte die Debatte um die Förderung von Eliteuniversitäten mit dem Innovationsvorstoß der Bundesregierung zu Beginn des Jahres. Während das ursprüngliche Konzept des Bundes vorsah, vier bis fünf einzelne Hochschulen im Rahmen eines Wettbewerbs mit jeweils 50 Millionen Euro jährlich zu fördern, plädierten die Länder für eine gezielte Förderung von einzelnen Wissenschaftsfeldern an deutschen Universitäten, um ein "Netzwerk der Exzellenz" zu schaffen. Die nun beschlossene Initiative trägt zwar beiden Konzepten Rechnung, es zeigt sich jedoch, dass sich die Wissenschaftsminister der SPD- und unionsgeführten Länder mit dem Prinzip eines breiten, freien Wettbewerbs durchgesetzt haben. Einhellig hatte man die Förderung einzelner weniger Universitäten abgelehnt.


    Von den Haushaltsverhandlungen der beiden Vertragspartner wird es nun abhängen, ob die Initiative tatsächlich 2006 starten kann. In den meisten Bundesländern wurde zuletzt der Haushalt für Forschung und Wissenschaft gekürzt. Aber auch auf Bundesseite ging der Etat zurück. Forschungsministerin Bulmahn forderte soeben von Finanzminister Eichel eine Etaterhöhung von 500 Millionen Euro. Dem Vernehmen nach soll Eichel auf Kürzungen beim Hochschulbau und bei der Projektförderung beharren.


    Gestern verkündete die Ministerin, die Etats der großen Forschungsorganisationen würden bis 2010 jährlich um mindestens drei Prozent steigen. Dies führe allein im nächsten Jahr zu Mehrausgaben des Bundes von über 100 Millionen Euro für diese Institutionen, sagte Bulmahn. Ziel der Bundesregierung ist es, die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung bis 2010 auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Bislang liegt der Wert bei 2,52 Prozent.


    Artikel erschienen am 8. Juni 2004 https://www.study-board.de/www.welt.de

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  • Dazu noch was nettes aus der heutigen SZ:

    Leuchten im Dunkeln
    Spitze und Wahn: Warum die Eliteuniversitäten ein Irrtum sind

    Manche Türme entstehen, indem man um sie herum den Wasserspiegel senkt, und manche Türme fangen an zu leuchten, wenn man um sie herum das Licht löscht. Die Debatte um die Einrichtung von Eliteuniversitäten, die von Edelgard Bulmahn, der Bildungsministerin, jetzt im Handstreich entschieden worden sein soll, hat etwas so Verblendetes, ja Wahnhaftes, dass man meinen könnte, die Gier nach höherer Bildung, die seit einigen Jahren die Republik ergriffen hat, sei selbst schon das Zeichen einer zunehmenden Verblödung.

    Über Jahrzehnte hinweg sind die deutschen Universitäten immer größer geworden, während gleichzeitig, umgerechnet auf jeden Studenten, immer weniger Geld für sie ausgegeben wurde. Daran ändert sich nichts, wenn das Bildungsministerium nun maximal zehn Universitäten mit insgesamt knapp zwei Milliarden Euro fördert. Im Gegenteil, die miserabel funktionierenden, schlecht ausgestatteten, intellektuell verwahrlosten akademischen Institutionen bleiben bestenfalls dort, wo sie heute sind, während sich über ihnen die ¸¸Leuchttürme" erheben dürfen. Was ist der Plan von den Eliteuniversitäten anderes als die Billigung und abschließende Befestigung des akademischen Elends für die überwiegende Mehrheit der Hochschulen in Deutschland?

    Das ahnen auch die Rektoren der Universitäten, und deshalb haben die meisten von ihnen sich gewehrt, als die Bundesregierung sie mit der Idee von einer akademischen Elite überfiel. Sie wissen, dass es Jahrzehnte braucht, bis sich eine solide wissenschaftliche Spitze bildet, und dass sie weder per Dekret noch durch Überweisung von ein paar Millionen Euro entsteht, sondern langsam heranwächst - nicht aus dem Mittelmäßigen, sondern aus einem breit fundierten mittleren Maß. Dieses Maß aber ist seit mehreren Jahren unterschritten.

    Die Malaise der Normalen

    Wenn daher, wie es nun auch schon seit Jahren der Fall ist, der intellektuelle Abstand zwischen Max-Planck-Instituten, Wissenschaftskollegs und Akademien auf der einen, dem gewöhnlichen akademischen Ausbildungsbetrieb auf der anderen Seite immer größer wird, dann geht das nicht darauf zurück, dass die deutsche Spitzenforschung so gut geworden sind, sondern darauf, dass das Niveau für alle anderen gesenkt worden ist. Edelgard Bulmahns Idee der Verordnung von Eliteuniversitäten ist allenfalls dazu geeignet, die Malaise des Normalen für eine Weile zu überdecken. Auf Dauer erfolgreich sein wird sie nicht - ganz abgesehen davon, dass 1,9 Milliarden Euro für zehn Universitäten für sechs Jahre ein schlechter Scherz sind, wenn man sich mit Institutionen wie Harvard messen will. Allein das Stiftungsvermögen dieser Universität beträgt das Zehnfache dessen, was nun für ganz Deutschland zur Verfügung stehen soll.

    Aber auf diese Art und Weise erfährt die überwiegende Mehrheit der Studenten und Professoren in Deutschland, was das Bildungsministerium von ihnen hält. Im Unterschied zur Bildungsreform der sechziger und siebziger Jahre, als es darum ging, die intellektuellen Ressourcen breiter Bevölkerungsschichten zu erschließen, setzt die neueste Reform der Hochschulen voraus, dass Bildung im Übermaß vorhanden ist. Könnte man es sich sonst leisten, die akademische Bildung der studentischen Mehrheit durch kontinuierliche Erosion ihrer Infrastruktur dem Mittelmaß zu überantworten und stillschweigend die eventuelle Nutzlosigkeit ihrer Ausbildung in Kauf zu nehmen?

    Die längst chronisch gewordene, massenhafte Verschwendung möglichst billig produzierter Bildung wird durch die Verschärfung der innerakademischen Konkurrenz - vom Erstsemester bis zum Professor - im Zeichen der ¸¸Elite-Förderung" nicht ausgeglichen, sondern in umso grelleres Licht gesetzt. Erkennen die Kultusminister, erkennt Edelgard Bulmahn diese Konsequenzen nicht, ahnen sie nicht den geheimen Zynismus ihres Projekts? Nein, denn ihre Vorstellung von ¸¸Elite" besteht weder aus Bildung noch aus Wissen, sondern aus politischer Ökonomie. In der gesamten, sich nun seit mehreren Monaten hinziehenden Debatte um die Eliteuniversitäten ist von ihren Befürwortern nicht einmal gesagt worden, was einer deutschen Universität an welcher Stelle fehlt, um zum Weltmaßstab aufzurücken - es fiel nicht ein konkretes Wort über Gentechnik oder Informatik, über das Ingenieurwesen oder die Geschichtswissenschaften, über Labore, Arbeitsmöglichkeiten und Forschungsförderung.

    Was nutzt uns aber diese ¸¸Elite", wenn es schon im Elementaren fehlt? Wenn die ¸¸Pisa"-Studien und ihre niederschmetternden Ergebnisse eines nahe legen, dann kein Überheben im Akademischen, sondern einen Neuanfang im Elementaren. Bescheidenheit braucht es hier, keinen Versuch, die deutsche Misere mit den Mitteln einer ¸¸Elite" zu überwinden. Ganz abgesehen davon, dass aus Bildung allein, anders als Edelgard Bulmahn und ihre Kollegen in der Regierung zu meinen scheinen, noch lange keine florierende Volkswirtschaft entsteht. Bildung und Wissenschaft sind nur sehr bedingt nationale Ressourcen. Was einer lernt, teilt sich schnell dem anderen mit, und das Patent ist nur ein mangelhafter, löchriger, befristeter Schutz für das Eigentum an Wissen.

    Außerdem hat Wissenschaft nur in einem eingeschränkten Sinn etwas mit nationalem Erfolg zu tun: Wenn einer anfängt zu forschen, weiß er nicht, was er dabei herausbekommen wird - geschweige denn, ob seine Ergebnisse je wirtschaftlichen Nutzen abwerfen werden. Die Freiheit der Wissenschaft von den Ansprüchen der Rentabilität gehörte daher zu den großen Errungenschaften des bürgerlichen Bildungswesens: Sie schützte die Forschung davor, etwas tun zu müssen, was sie gar nicht tun kann. Auch das soll sich offenbar ändern. Sie können einem leid tun, die deutschen Universitäten.

    THOMAS STEINFELD

    Quelle: Süddeutsche Zeitung
    Nr.131, Mittwoch, den 09. Juni 2004 , Seite 13

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